CSU-Machtkampf: Chaostage in München

CSU-Chef Horst Seehofer steht mit verschränkten Armen vor einer Wand mit dem Parteilogo | Bildquelle: AFP

Stand: 03.12.2017 05:21 Uhr

#Intrigen, #Machtkämpfe, #Missverständnisse – die #CSU ist heillos zerstritten über die Nachfolge von #Horst Seehofer. Heute stehen letzte Gespräche vor der Entscheidung am Montag an – deren Ausgang jedoch völlig offen ist.

Von Sebastian Kraft, BR

#Machtwechsel in der CSU waren selten geordnet, aber so erbittert gekämpft wie diesmal wurde wohl noch nie. Die Partei ist gespalten, es werden Intrigen gesponnen, das Misstrauen ist riesig. Auch wenn vieles auf Markus Söder als neuen bayerischen Ministerpräsidenten zuzulaufen scheint – er wird es schwer haben, die Partei geschlossen in den Landtagswahlkampf 2018 zu führen.

Franz Josef Strauß gestikuliert während einer Rede | Bildquelle: picture alliance / dpa

1978 übernahm CSU-Chef Franz Josef Strauß das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten von Alfons Goppel – dieser Wechsel gilt als bislang letzter geordneter Machtwechsel bei der CSU.

Das Jahr 1978 wird dieser Tage gerne genannt. Fast 40 Jahre ist es her, dass ein Machtwechsel in der CSU geordnet verlief, wobei es auch hier Überlieferungen gibt, dass Franz Josef Strauß den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel mit Nachdruck zum Aufgeben bewegen musste.

Alle Wechsel danach verliefen mehr oder weniger chaotisch: Als Strauß 1988 starb, gingen seine Vertrauten leer aus. Sein Nachfolger Max Streibl wurde dann 1993 vom Hof gejagt. Danach übernahm Edmund Stoiber, der 2007 in Wildbad Kreuth gestürzt wurde. Sein Nachfolger Günther Beckstein musste 2008 nach der verheerenden Wahlniederlage gehen – zum Zug kam dann Horst Seehofer, der ein Jahr zuvor noch leer ausgegangen war. Seehofer hatte es sich zur öffentlichen Aufgabe gemacht, den Übergang „geordnet“ zu organisieren. Mittlerweile, so wird berichtet, kann er seine eigene Wortschöpfung „geordneter Übergang“ selbst nicht mehr hören.

Hart im Ton

Horst Seehofer, CSU | Bildquelle: dpa

Seehofer will am Montag seine endgültige Entscheidung bekannt geben.

Heftig wie noch nie ist diesmal vor allem die Tonalität, mit der sich sogenannte Parteifreunde beharken: „Leichtmatrosentum“ oder „nicht irgendwelche Möchtegerns können Ministerpräsident werden“. Dabei schien die CSU nach Seehofers mahnenden Worten – „Geschlossenheit und Kameradschaft“ – Anfang der Woche wieder auf den Friedenskurs einzuschwenken. In einer durchweg harmonischen Sitzung hatten sich der CSU-Fraktionsvorstand am Dienstagabend mit Teilen des Kabinetts (darunter auch die Rivalen Innenminister Joachim Herrmann und Finanzminister Markus Söder) im bayerischen Landtag auf einen Fahrplan geeinigt, den Seehofer gebilligt haben soll: Am kommenden Montag darf die Fraktion ihren Spitzenkandidaten für die Landtagswahl wählen, nachdem sich Seehofer selbst erklärt hat.

Da niemand ernsthaft erwartet, dass Seehofer 2018 noch einmal als bayerischer Ministerpräsident antritt, schien der Weg für Söder frei, da er in der Fraktion viele Unterstützer hat. „Durchbruch“ titelte schon die erste Zeitung. Die Fraktion selbst war hochzufrieden, sie hat ihren Machtanspruch als „Herzkammer“ der CSU untermauert und ein Mitbestimmungsrecht erfolgreich eingefordert. Seehofer könne wegen der schwierigen Lage in Berlin Parteichef bleiben, so der Konsens von vielen. Der Weg schien geebnet und der einhellige Wunsch umgesetzt: Die beiden „Stärksten“, Seehofer und Söder, sollen endlich ihre persönlichen Animositäten beenden und an einem Strang ziehen. Allgemeines Aufatmen – aber nur kurz.

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Dann platzte die Bombe

Am Mittwoch, als während der Plenarsitzung im bayerischen Landtag alle potenziellen Kandidaten – Söder, Herrmann, Ilse Aigner – mit blumigen Worten versuchten, möglichst wenig zu sagen, wurden hinter den Kulissen schon die Szenarien gesponnen: Kein Zweifel bestand daran, dass Söder antritt. Bis etwa 17 Uhr wurde auch übereinstimmend berichtet, dass niemand mit einer Gegenkandidatur rechne. Dann platzte die Bombe.

Joachim Herrmann und Markus Söder (Archivbild Juni 2016) | Bildquelle: picture alliance / dpa

Joachim Herrmann und Markus Söder behakeln sich gerade gegenseitig. (Archivbild Juni 2016)

„Süddeutsche Zeitung“ und „Münchner Merkur“ berichteten, dass Joachim Herrmann mit einer Kandidatur gegen Söder liebäugelt. So sei es in einem „Geheimtreffen“ am Montag in der Staatskanzlei vereinbart worden. Teilnehmer: Seehofer, Herrmann, Aigner, sowie Manfred Weber und Alexander Dobrindt – kurzum: Das Anti-Söder-Lager. Herrmann war erkennbar schockiert von dieser Meldung, wollte nichts bestätigen – aber auch nichts dementieren. Da die Nachricht mitten in eine Plenarsitzung platzte, wurde der bayerische Innenminister vor aller Augen (aber nicht Ohren) von Söder-Anhängern beackert und soll nach übereinstimmenden Aussagen gesagt haben, dass er nichts zugesagt habe. Das Problem war damit aber trotzdem nicht aus der Welt.

Söder-Lager in Opferrolle

Denn die Tatsache, dass überhaupt ein derartiges Geheimtreffen stattfand, wertet das Söder-Lager schon als Affront – und manövriert sich damit geschickt in die Opferrolle. So lassen sich auch die eigenen Reihen schließen. Dazu gibt es höchst widersprüchliche Aussagen, was wirklich passiert war. Als die wahrscheinlichste Variante gilt mittlerweile, dass eine mögliche Kandidatur Herrmanns nicht in der Fünferrunde, sondern in Einzelgesprächen danach angedeutet wurde.

Noch ein Kandidat?

Am Donnerstagabend dann der nächste Aufreger: In dieser Fünferrunde, so berichtet der „Münchner Merkur“, habe Weber seine Ambitionen unterstrichen, CSU-Parteichef zu werden, was wiederum Dobrindt nicht gefallen haben soll – der CSU-Landesgruppenchef will, dass Seehofer an der Spitze der CSU bleibt. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks soll Weber sein Interesse allerdings nur signalisiert haben für den Fall, dass Seehofer diesen Posten irgendwann abgibt.

Auch hier lässt sich die Wahrheit wohl nie ganz herausfinden, der Eindruck aber verfestigt sich: Die CSU taumelt immer tiefer ins Chaos. Auch der sonst so integre Sachpolitiker Herrmann steckt nun mittendrin – auch wenn er (was durchaus wahrscheinlich ist) selbst gar nichts dafür kann. „Langsam kommt da niemand mehr unbeschädigt raus“ resümiert jemand, der schon sehr lange dabei ist.

Manfred Weber (CSU) | Bildquelle: dpa

Auch Manfred Weber werden Ambitionen auf Führungsposten nachgesagt.

Nun steuert die CSU also auf das große Finale zu: Heute treffen sich in der Münchner Landesleitung die einflussreichen Bezirkschefs, darunter auch Söder, Herrmann und Aigner mit Seehofer. Danach folgen weitere Gespräche und am Abend trifft sich Seehofer dann mit seinen Parteivizes, unter anderem Manfred Weber und Barbara Stamm. Ob danach schon etwas nach draußen dringt, ist ungewiss, da nur Seehofer an allen Gesprächen teilnimmt und seinen Gesprächspartnern erfahrungsgemäß nicht alle Karten auf den Tisch legt.

Landesverband Oberbayern unterstützt Seehofer

Am kommenden Montag geht es dann zuerst in der CSU-Landtagsfraktion um den zukünftigen bayerischen Ministerpräsidenten, dann im CSU-Vorstand um den Parteivorsitz. Als wahrscheinlichste Variante gilt zwar weiterhin, dass Söder von der Fraktion aufs Schild gehoben wird und Seehofer sich am 16. Dezember auf dem Parteitag als CSU-Chef bestätigen lassen will – auch weil sich am Samstag der mächtigste Bezirksverband Oberbayern hinter ihn stellte. Doch wie die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ vor einigen Tagen treffend titelte: „Alles ist möglich. Auch das Gegenteil.“

Quelle: tagesschau.de vom 03.12.2017

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Ulrike
Ulrike
6 Jahre zuvor

Hoffentlich schicken sie den Drehhofer endlich in die Wüste. Der bayrische Löwe brüllt immer nur blöd und landet dann als Bettvorleger bei Murksel. Kein Rückgrat der Kerl.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
6 Jahre zuvor

In Bayern ist ein Bierkrug umgefallen? DIE sind so wichtig wie ein Weißheitszahn!