Völkerstrafrecht: SEK nimmt mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus Syrien fest

Von Jörg Diehl und Vanessa Steinmetz

Er soll gefoltert und geplündert haben: In Nordrhein-Westfalen wurde ein 41-jähriger Syrer festgenommen. Den Ermittlungen zufolge soll er für Kriegsverbrechen in seiner Heimat verantwortlich sein.

Dem Zugriff gingen umfangreiche Ermittlungen voraus: Nun ist ein mutmaßlicher syrischer Kriegsverbrecher im Raum Westfalen von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei festgenommen worden. Der 41-jährige Ibrahim Al F. sei dringend verdächtig, während des Bürgerkriegs in seinem Heimatland Menschen gefoltert und Häuser geplündert zu haben, teilte die Bundesanwaltschaft mit.

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Den Ermittlern zufolge soll der Mann im Herbst 2012 wiederholt „nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen in schwerwiegender Weise grausam und unmenschlich behandelt“ haben.Demnach befehligte Al F. in Aleppo eine mindestens 150-köpfige Stadtteilmiliz, die zu der Gruppierung Ghoraba as-Sham (übersetzt etwa: Die Fremden von Syrien) gehörte und Teil der Freien Syrischen Armee (FSA) war. Spätestens ab Sommer 2012 soll sich die Miliz an dem bewaffneten Kampf gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad beteiligt haben.

Jedoch sollen die Ghoraba-as-Sham-Anhänger vor allem eigene Interessen verfolgt haben. So sollen sie nach dem Rückzug von Assad-Truppen geplündert und ihre Beute anschließend verkauft haben. Zwei Anwohner, die sich wehrten, soll die Miliz eingesperrt und über mehrere Tage gefoltert haben. Daran soll Al F. beteiligt gewesen sein. Schließlich hätten die Opfer eingewilligt, für die Miliz zu arbeiten.

2000 Hinweise auf Straftaten gegen das Völkerstrafrecht

Zudem haben die Ermittlungen der deutschen Behörden ergeben, dass noch sechs weitere Menschen von der Miliz gefangen genommen und gefoltert wurden. Zwei von ihnen sollen gegen die Zahlung von Lösegeld wieder freigelassen worden sein, einem Dritten soll die Flucht gelungen sein.

Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE erhielt das Bundeskriminalamt (BKA) im vergangenen Jahr mehr als 2000 Hinweise darauf, dass Flüchtlinge in ihren Heimatländern Straftaten gegen das Völkerstrafrecht begangen haben sollen. Die meisten stammten aus Anhörungsbögen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die Asylantragsteller ausgefüllt hatten.Am häufigsten ging es dabei um Ereignisse in Syrien und dem Irak. Aus der Flut der Tipps destillierte das BKA rund 50 relevante Vorgänge, die dem Generalbundesanwalt zur Prüfung vorgelegt wurden. Der überwiegende Teil davon betraf nicht-islamistische Rebellengruppen.

Inzwischen führen die Behörden etwa zehn Ermittlungsverfahren, in denen es um Kriegsverbrechen in Syrien und dem Irak geht. Es hat bereits einige Verhaftungen gegeben.

Quelle: Spiegel-online vom 06.04.2016

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