Sachsen-Anhalt: Wahl des Vizepräsidenten Gallert (Linke) braucht zwei Wahlgänge

Nach dem zweiten Anlauf hat es doch noch geklappt. Wulf Gallert (Linke) wurde zum Landtagsvizepräsidenten gewählt. Allerdings denkbar knapp: 45 der 87 Abgeordneten stimmten für ihn. Es ist das erste Mal in der Geschichte Sachsen-Anhalts, dass ein nominierter Vizepräsident erst im zweiten Wahlgang gewählt wird.

Abgeordnete im Landtag
Erleichterung bei Wulf Gallert und dem Linke-Fraktionschef Swen Knöchel nach dem zweiten WahlgangBildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die konstituierende Sitzung des Landtags ist für Wulf Gallert ein herber Vertrauensverlust. Beim ersten geheimen Wahlgang fiel der von den Linken nominierte 52-Jährige durch. 44 Abgeordnete stimmten zunächst gegen ihn, es gab vier Enthaltungen.

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Rechnerisch müssen auch Abgeordnete der CDU, der SPD und/oder der Linken gegen Gallert gestimmt haben. Im Landtag stellt die CDU 30 Abgeordnete, die AfD hat 25 Mandate und die Linke 16. Auf die SPD entfallen 11 und auf die Grünen 5 Sitze.

„Das ist eine massive Belastung einer möglichen Zusammenarbeit mit der CDU“, sagte Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen. Die Landtagssitzung wurde mehr als eine Stunde lang unterbrochen. Um 14.35 Uhr traten die Fraktionsvorsitzenden aller Landtagsparteien wieder an das Rednerpult. „Sie sehen mich tief erschüttert“, sagte Dalbert, „das ist ein großer Schaden für die Demokratie.“

 

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Dalbert warb dafür, dass die Abgeordneten im zweiten Wahlgang für Gallert stimmen. Auch SPD-Fraktionschef Andreas Steppuhn und sein CDU-Kollege Siegfried Borgwardt sprachen sich für einen zweiten Wahlgang mit dem Kandidaten Wulf Gallert aus. Sie riefen ihre Fraktionen zur Disziplin auf. AfD-Chef André Poggenburg hingegen stellte klar: „Es gibt keinen Fraktionszwang bei uns. Ich kann auch keine Empfehlung abgeben.“

Für die Linke trat Fraktionschef Swen Knöchel vor das Mikrofon. Seine Fraktion habe eigentlich verabredet, den zweiten Wahlgang auf einen anderen Tag zu verschieben. Angesichts der Äußerungen von CDU, SPD und Grünen votiere er nun aber für einen sofortigen zweiten Wahlgang.

Dieser startete um 15.30 Uhr und dauerte nur wenige Minuten. Ergebnis: 45 Abgeordnete stimmen für Gallert, 33 Abgeordnete gegen ihn bei neun Enthaltungen. Gallert ist zum Landtagsvizepräsidenten gewählt.

Vor einigen Tagen hatte die AfD mit einem Vorschlag zur Größe des Landtagspräsidiums eine Debatte losgetreten. Landeschef André Poggenburg hatte MDR SACHSEN-ANHALT gesagt, man müsse sich schon die Frage stellen, ob man einen zweiten Vizepräsidenten überhaupt brauche. Das sei auch eine Kostenfrage.

Abgeordnete im Landtag
Nach der Wahl: Auch AfD-Fraktionschef André Poggendorf gratuliert dem neuen Landtagsvizepräsidenten Wulf Gallert (Linke). Es bleibt allerdings beim Händedruck.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Güssau neuer Landtagspräsident

Zuvor hatte der Landtag den neuen Landtagspräsidenten gewählt. Der 53-jährige Hardy Peter Güssau bekam 47 Stimmen. Gegen ihn stimmten 35 Abgeordnete. Es gab fünf Enthaltungen. Das Ergebnis ist das schlechteste bei einer Wahl zum Landtagspräsidenten in Sachsen-Anhalt überhaupt.

Hardy Peter Güssau
Hardy Peter GüssauBildrechte: MDR/Stephan Schulz

In seiner Antrittsrede warb Güssau bei allen Abgeordneten dafür, mehr mit den Bürgern zu kommunizieren. „Wir müssen uns stärker als Informationsquelle begreifen“, sagte der CDU-Politiker. „Wir müssen mehr Zuhörer und Kümmerer vor Ort werden.“ Mit Blick auf das Landtagswahl-Ergebnis stellte Güssau fest, dass die Politik zunehmend Vermittlungs- und Verständigungsprobleme bekomme. „Berechtigte und unberechtigte Angst und Wut vor denen ‚da oben‘ begegnen uns. Davor müssen wir uns alle im Haus einstellen“, mahnte Güssau.

Erster Vize-Posten für AfD-Mann Daniel Rausch

Daniel Rausch
Daniel RauschBildrechte: MDR/Stephan Schulz

Bei der Wahl des ersten Stellvertreters des Landtagspräsidenten kam Daniel Rausch von der AfD auf Anhieb durch. Er erhielt 46 Stimmen. 34 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Es gab sieben Enthaltungen.

Vor der Wahl hatte sich AfD-Kandidat Rausch der CDU vorgestellt. CDU-Fraktionschef Borgwardt sagte, die AfD sei auf die Fraktion zugekommen und habe um diese Möglichkeit gebeten. Dem habe er zugestimmt. „Ich halte es für falsch, die AfD prinzipiell auszugrenzen.“ AfD-Fraktionschef Poggenburg sagte, umgekehrt habe sich der CDU-Kandidat für das Amt des Landtagspräsidenten, Güssau, am Montag bei der AfD vorgestellt.

Es herrscht fraktionsübergreifend Einigkeit, die AfD nicht zum Märtyrer machen zu wollen.

Siegfried Borgwardt, CDU-Fraktionschef

Die Linke hatte öffentlich angekündigt, den AfD-Kandidaten für das Amt des ersten Vizepräsidenten nicht zu unterstützen.

Weitere wichtige Termine im April

Der Fahrplan zur Regierungsbildung in Sachsen-Anhalt sieht vor, dass CDU, SPD und Grüne am 22. und 23. April auf Parteitagen über ihren bis dahin ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Am 25. April könnte dann Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für eine zweite Amtszeit gewählt werden. Noch laufen die Koalitionsverhandlungen.

Zuletzt aktualisiert: 12. April 2016, 22:33 Uhr

Quelle: MDR vom 12.04.2016

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