DEUTSCHLAND: ANGRIFF AUF POLIZISTEN – Erst wirkte der Reichsbürger wie ein „harmloser Spinner“

Von André Ammer, Nürnberger Nachrichten | Stand: 06:28 Uhr 

Seine Nachbarn beschreiben ihn als „umgänglich“. Er wird zwar belächelt, doch der „Reichsbürger“ wird als harmlos eingestuft. Eine Einschätzung, mit der nicht nur die Nachbarn daneben lagen.

Dass Wolfgang P. ein etwas seltsamer Zeitgenosse ist, wird manchen Georgensgmündern wohl erstmals bewusst, als sie vor acht Monaten eine „Erklärung unter Eid“ des Mannes in der örtlichen Tageszeitung lesen. „Hiermit erkläre ich, der lebendige, beseelte und selbstbewusste Mann aus Fleisch und Blut nach der päpstlichen Bulle von 1540 (…), dass ich tatsächlich auf diesem Planeten, genannt Erde, körperlich, seelisch und geistig voll anwesend bin“, schreibt der 49-Jährige in seiner Annonce, die er sich rund 200 Euro kosten lässt.

Auf vielen weiteren handgeschriebenen Zeilen geht es in diesem geschraubten Stil weiter, am Ende der rätselhaften Erklärung sind mehrere Fingerabdrücke zu sehen. Weil Arthur W. in seinem kruden Text aber niemanden beleidigt oder bedroht, wird die Anzeige gedruckt.

Auch den Mitarbeitern im Rother Landratsamt und im Georgensgmünder Rathaus kommt der ehemalige Betreiber eines Kampfsportcenters, anfangs nur wie ein harmloser Spinner vor. Unter anderem will er im Einwohnermeldeamt seinen Pass abgeben, weil er nach seiner persönlichen Auffassung kein Bürger der Bundesrepublik Deutschland ist. Außerdem zahlt er keine Kfz-Steuer mehr, kratzt die TÜV-Plakette von seinem Nummernschild ab und entfernt schließlich sogar das Kennzeichen.

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Herbert Eckstein, der Landrat des Landkreises Roth, bekommt ebenfalls Post von Wolfgang P.. So teilt der 49-jährige, der zuletzt keiner geregelten Arbeit mehr nachgeht und mit zwei anderen Anhängern seiner Ideologie in dem Haus in Georgensgmünd zusammenlebt, dem Landratsamt am 3. August mit, dass er sich nicht mehr an staatliche Weisungen halte. „Ich bin Reichsbürger“, argumentiert der Absender, der auch seinen Wohnsitz in der 6000- Einwohner-Stadt abmeldet. Schließlich wohnt er ja in seinem eigenen „Reich“.

Seine 30 Schusswaffen erwarb er legal

Wolfgang P. widersetzt sich deshalb auch mehreren Kontrollen des Landratsamtes, das die ordnungsgemäße Verwahrung seiner über 30 Schusswaffen überprüfen will. Bei einem ersten Ortstermin im Juli werden die Kontrolleure von einer bislang unbekannten Frau des Grundstücks verwiesen, wenige Tage später scheucht der Hauseigentümer selbst die Mitarbeiter des Landeratsamtes von seinem „Hoheitsgebiet“, das er auch mit einer Flagge mit einer Art Familienwappen gekennzeichnet hat.

Erworben hat der Besitzer eines Jagdscheins die Waffen, unter anderem verschiedene Jagdgewehre und historische Langwaffen aus den USA, legal, doch wegen der in den vergangenen Monaten an den Tag gelegten „Unzuverlässigkeit“ wollen ihm die Behörden nun die Waffenbesitzgenehmigung entziehen. Zuvor hatte Wolfgang P. weder auf die Schreiben des Landratsamtes noch auf die des Gerichts reagiert. Weil sie Komplikationen befürchten, fordern die Beamten Amtshilfe durch die Polizei an.

Am gestrigen Morgen sollte der Durchsuchungsbeschluss nun vollzogen werden, mehrere Beamte des Sondereinsatzkommandos – wie viele genau, will Johann Rast, der Polizeisprecher von Mittelfranken, aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen – brechen die Haustür auf, werden von Wolfgang P. aber sofort unter Beschuss genommen. Dass die Razzia wohl nicht ganz überraschend für den 49-Jährigen kam, dafür spricht die Tatsache, dass er an diesem Morgen eine schusssichere Weste trägt und sich zunächst hinter seiner Wohnungstür im ersten Stock verschanzt.

Ihm könne keiner was, weil er den Schrank voller Waffen habe, hat Wolfgang P. einmal gegenüber einem Nachbarn geprahlt. Der hat ihm damals nicht geglaubt, wird aber gestern eines Besseren belehrt, als er mehrere Schüsse aus dem Nebenhaus hört. „Ich zittere immer noch“, erklärt der Zeuge Stunden nach dem Geschehen, bei dem er sich mit seiner Familie in der Wohnung verschanzt hat und immer wieder die Lichtkegel der Taschenlampen und die Laserpointer der Gewehre über die Zimmerdecke und die Wände huschen sieht.

Wie gefährlich sind die „Reichsbürger“?

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warnt bei der wenige Stunden nach den dramatischen Ereignissen einberufenen Pressekonferenz im Rother Landratsamt vor einer Verharmlosung der „Reichsbürger“. Auch wenn nicht alle Anhänger dieser sehr heterogenen Bewegung extremistisch oder gewaltbereit seien, handle es sich nicht nur um eine Vereinigung von „ein paar Spinnern“.

In Bayern soll deshalb nun allen Anhängern der Gruppierung der Waffenbesitz untersagt werden. „Wer die deutsche Rechtsordnung ablehnt, der bietet keine Gewähr, ordnungsgemäß mit Waffen umzugehen“, erklärt Herrmann und kündigt an, die Gruppierung „noch intensiver“ zu überwachen und konsequent unter die Lupe zu nehmen.

Vor allem gehe es darum festzustellen, welche „Reichsbürger“ gefährlich sein könnten. Dazu gehöre auch die sorgfältige Überprüfung, welche „Reichsbürger“ im Besitz von Waffen seien, sagte Herrmann. „Unser Ziel ist, allen „Reichsbürgern“, die legal eine Waffe besitzen, ihre Waffenerlaubnisse zu entziehen.“

Wie gefährlich manche „Reichsbürger“ für die Allgemeinheit sind, zeigt ein ähnlicher Vorfall in Sachsen-Anhalt vor zwei Monaten: Dort war die Zwangsräumung eines Hauses eskaliert, der 41-jährige Bewohner, der ebenfalls dieser Gruppierung zuzuordnen ist, wurde bei einer Schießerei schwer und zwei Polizisten leicht verletzt.

Quelle: Nürnberger Nachrichten, N24 und Welt-online vom 20.10.2016

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Dr.med Wilhelm Neumayr
Dr.med Wilhelm Neumayr
7 Jahre zuvor

Dieser Einsatz war schon wieder ein unprofessioneller Schiss in den Ofen.