Dokumentation – Innenminister Saarland: „Ungeordnete, wilde Asyl-Ströme durch Deutschland“

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Veröffentlicht: 30.09.15 00:45 Uhr

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon hat in einer aufrüttelnde Rede vor dem Landtag in Saarbrücken auf die chaotische Lage in Deutschland hingewiesen: Niemand könne derzeit kontrollieren, wo sich die Flüchtlinge aufhalten. Es gäbe große Probleme in den Aufnahme-Lagern. Man wolle helfen – aber es gäbe auch Menschen, die sich nicht an die Gesetze halten. Wir dokumentieren die Rede im vollen Wortlaut.

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (Bildmitte) beim Besuch von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in der Landesaufnahmestelle Lebach, Anfang September. (Foto: dpa)

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon hat in einer aufrüttelnden Rede auf die Probleme hingewiesen, die die chaotische Flüchtlingspolitik der Bundesregierung im Saarland ausgelöst hat (die ganze Rede vom 23.9.2015 im Video am Anfang des Artikels).

Bouillons Rede im Wortlaut (Niederschrift durch die Deutschen Wirtschafts Nachrichten, da bis heute von der Landesregierung in Saarbrücken keine verschriftlichte Fassung der Rede an die Presse weitergegeben werden kann):

„Zunächst einmal Danke für die netten Worte, die Sie mir gewidmet haben, ich gebe sie weiter an das Team, das mittlerweile aus mehr als 350 Menschen besteht. Es ist auch schön zu wissen, dass alle Fraktionen die Arbeit mittragen, weil es alles andere als einfach war und es wird noch schwieriger, wie wir gleich wissen. Sieben Wochen in einem Container – eine neue Erfahrung, eine ganz wichtige Erfahrung. Diese sieben Wochen nehmen einen auch mit. Es ist der Spagat zwischen dem Herzen und den weinenden Kindern, den Müttern, den Toten, den Verletzten, aber auch den anderen, die versuchen, uns auszunutzen. Wenn einer meint, dass beinahe 4.000 Menschen, die zurzeit in diesem Lager sind, immer gut miteinander auskommen, der täuscht sich. Diese sieben Wochen haben dazu beigetragen, dass sich vieles, auch an meiner Auffassung, geändert hat. Wir haben eine katastrophal schwierige Situation in Deutschland. Allein bis jetzt in diesem Monat, dem 23. September haben wir über 4.000 Vorgänge bearbeitet in Lehbach. Das ist das Pensum von früher vier bis fünf Jahren. Es hatte die Landesaufnahmestelle 42 Leute zurzeit aufpersonalisiert, wir haben über 45 eingestellt, weiter werden folgen. Wir gehen bei den Zahlen davon aus, dass die Gesamtaufnahme des Saarlandes in diesem Jahr sich auf eine (…)

Teile dieser Republik sind im Chaos versunken. Bayern, Baden-Würtemberg, Nordrhein-Westfalen, die Innenminister wissen nicht, haben sie in Nordrhein-Westfalen 200.000 oder 250.000 Menschen. Die Kommunen in diesem Land haben das Glück, dass wir das bisher bewerkstelligen konnten. Wir sorgen für ein geordnetes Verfahren. Die Frage ist, wie lange.

Wir müssen die Schlagzahl, wie sich auch die Schlagzahl der Menschen verstärkt hat, noch einmal erhöhen. Das ist nicht einfach (…) Über Integration wird kaum noch gesprochen. Den großen Ländern geht es darum Massenlager aufzubauen. Notunterkünfte. Teilweise ohne Verpflegung. In vielen Regionen Deutschlands gibt es keine Ersterfassung. Wir haben sie.

(…) weil ich seit vielen Wochen ja zu nichts gekommen bin. Und auch das ist ein Problem, meine Damen und Herren. Diese Republik ist zurzeit relativ handlungsunfähig. Die Verwaltungen sind beschäftigt Tag und Nacht zu improvisieren und zu arbeiten. Viele meiner Menschen sind schon psychisch am Ende. Es ist ein Unterschied, ob ich in einem Ministerium sitze oder vor einer Warteschlange von 500 Leuten stehe, die immer aggressiver werden (…) Wir brauchen die Bundeswehr, das THW und vieles, vieles mehr.

Sie haben eine ärztliche Versorgung, die besser ist, als in viele Regionen in Syrien. Sie haben eine warme Verpflegung. Sie haben Kinderärzte, Zahnärzte. Sie haben ein OVD nachts, sie haben eine Anlaufstelle. Aber das verschafft uns Probleme. Wenn an der Essensausgabe 600 Portionen geplant sind und 100 werden ausgegeben, wissen wir: da stimmt was nicht. Aber jetzt finden sie diese Menschen. Wir können sie nicht unterscheiden von der Hautfarbe, sie wehren sich natürlich. Und vor diesem Hintergrund habe ich vor vier Wochen veranlasst und die Vorarbeiten laufen, wir müssen Lehbach auf die Dauer entlasten und wir müssen versuchen, so schwer es fällt, und das geht nur, wenn der Zufluss aufhört, dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen verteilt werden.

Wir werden nach diesem Grunde keine zweite Aufnahmestelle finden, aber eine Dependance mit Übernachtungsmöglichkeiten, gut organisiert und bestens vorbereitet. Das wird sein auf dem Gelände der RAG in Hirschbach. Wir haben dort drei Liegenschaften besichtigt. Die Arbeiten haben begonnen. Wir können dort in Etagenbetten, wohlgeordnet in Zimmern von 30 bis 40 qm, damit etwas Privatsphäre entsteht, letztendlich, wenn man das Stück für Stück aufbaut, 500 bis 100 Menschen nach und nach unterbringen. Das schafft zwar einen logistischen Aufwand, weil wir sie registrieren wollen. Das ist entscheidend für uns alle.

Und dabei bei allem Verständnis für einige abstrakte Äußerungen, Integration kann nur dann funktionieren, wenn wir geordnet empfangen. Wenn wir vor-registrieren, wenn wir registrieren, wenn wir untersuchen. Wenn sie auf den Telefonschaltkonferenzen hören, was los ist an Krankheiten. Viele dieser Hunderttausenden, die bei uns sind, sind nie untersucht worden. Stellen Sie sich große Länder vor, wie Nordrhein-Westfalen und Bayern. Kein Mensch weiß, wie viel Menschen da sind. Sie sind nicht untersucht. Nun schauen Sie mal, wie sie zu diesen Menschen kommen. Und sie kommen nicht alle zu den Bussen.

Wir haben nämlich eine Entwicklung, die sehr problematisch ist. Wir haben die Entwicklung, dass die Menschen teilweise machen, was sie wollen, es wandern ungeordnete, wilde Asylströme durch Deutschland. Wir schicken die Leute aus der Landesaufnahmestelle nach Trier. Die einen steigen vorne ein und hinten aus. Andere kommen aus Hamburg zu uns, weil unsere Ärzte einen guten Ruf haben. Das heißt, wir haben Schwierigkeiten zu bewältigen, die man nicht unterschätzen darf. Ich bin froh und dankbar, dass ich den Rückhalt dieses Kabinetts habe, den Rückhalt des Landtages und meiner Leute. Wir sind noch nicht überfordert. Wir haben das im Griff, aber man kann nicht sagen, wie lange. Was bedeutet angesichts dieser Situation ganz konkret für unser Saarland heißt. Zahlen sind Zahlen.

Man braucht vor Zahlen keine Angst zu haben. Aber wir haben die Situation, dass ich in großer Sorge bin. Ich bin deshalb in Sorge. Zunächst einmal muss man aus den Erfahrungen im Lager sagen: wir werden alle gefordert sein. Wenn jemand glaubt, diese Integration geht problemlos, der irrt. Wir haben sehr viele Negativerfahrungen sammeln müssen. Ich habe auch lange überlegt, ob ich darüber rede. Aber zur Wahrheit gehört die ganze Wahrheit. Kommen Sie mal zu uns ins Lager und schauen sie mal, mit welcher Anspruchsmentalität der eine oder andere seine Rechte formuliert. Hören Sie mal zu, wie die Frauen beleidigt werden. Schauen Sie mal, wie man um die Lebensmittel kämpft, obwohl man nicht an der Reihe ist. Schauen Sie mal, wie Bänder zerrissen werden und Menschen weggedrängt werden. Hören Sie mal die Lehbacher, wies im Schwimmbad zugeht. Wir haben leider Gottes auch Menschen, die sich nicht an die Gesetze halten.

Das wird ganz schwierig, aber es ist zu machen. Nur deutlich muss werden, und das versuchen wir im Aufnahmelager, bisher mit mäßigem Erfolg: Wenn unsere Frauen das Essen nicht mehr ausgeben können, weil sie unrein sind und die anderen das nicht essen wollen, dann schafft das Probleme. Und das in einem täglichen Ablauf von beinahe 4.000 Menschen. Wir müssen das permanent umorganisieren, aber ich denk wir kriegen das hin. Ein kleines Schmankerl mal am Rande, damit Sie nicht so ernst schauen: wir haben uns gewundert, wie viele mit den Maß-Schuhen durch das Lager gehen und haben uns mal erkundigt bei der Polizei und erfahren: Zalando hat über 650 Strafanzeigen. Das heißt, der eine oder andere ist durchaus clever und weiß, das System zu nutzen. Hauptproblem, was den Verstoß gegen Gesetze angeht, ist auch die steigende Aggressivität. Die Menschen weigern sich, den Easy-Schlüssel anzuerkennen und das darf nicht passieren, weil der Verteilungsmodus in Deutschland zusammenklappt und wir kämpfen auf den Telefonkonferenzen, dann haben wir verloren. Es darf nicht passieren und ich bin sicher, es wird nicht passieren.

Die Verweigerung von Handschlägen von unseren Leuten sind die Frauen gewohnt und ich bin froh, wir haben den Artikel 18 des Grundgesetzes, da steht drin: wir sind eine wehrhafte Demokratie. Integration ja (…) aber die innere Sicherheit und Ordnung ist in einigen Bundesländern gefährdet, da kein Mensch weiß, wie viel Leute da sind. Sie sehen, es kommt einiges auf uns zu. Es ist unstrittig: Wir brauchen diese Menschen. Finanziell für ein reiches Land wie die Bundesrepublik Deutschland überhaupt kein Problem, aber ich bitte um Verständnis und das versteht jeder: wir brauchen Zeit. Wir brauchen eine Pause, wir kriegen sie nicht. Aus den Informationen von heute Morgen wird geschätzt, dass die Österreicher über 20.000 Menschen an der Grenze haben.“

Der Innenminister liest dann die Zahlen vor, wie viele Flüchtlinge die einzelnen Landtage aufgeteilt werden und fährt fort:

Ich lese Ihnen lieber nicht die Zahlen vor, wenn der Familiennachschlag kommt – eine Person und zwei Kinder. Man weiß nicht, wie lange es dauert, bis sie kommen, aber sie kommen. Da die Erfahrung zeigt, dass bei 80 Prozent der Syrer, die die Anerkennung bekommen, eine Sekunde nach der Antrag der Antrag auf Zuzugsanerkennung gestellt wird. Und da sind wir, wenn ich Ihnen vorher gesagt habe, bei 5.000 Menschen, in kurzer Zeit bei 12.000. Es ist das erst der Anfang für die nächsten drei Monate.

Der Innenminister liest dann die Zahlen vor, auf die sich die Landkreise für 2016 einstellen müssen und sagt:

Wir kommen also dann, wenn es so kommen sollte, auf 40.000. Wie viele Wohnungen haben wir in diesem Land, wohin mit den Menschen? Wir haben zur Zeit 700 freie Wohnungen gemeldet durch die Kommunen. Wir können es schaffen. Wir haben nämlich 20.-22.000 Leerstände. Es muss gelingen, an diese Leerstände zu kommen. Es muss gelingen, noch schneller zu arbeiten. Es muss gelingen zu mieten. Wir haben die Mietgarantie von zehn Jahren, acht Euro. Die Diskussion, ob das gerecht oder nicht gerecht ist, ist völlig verfehlt. Die Menschen haben einen Anspruch auf ein Heim über dem Kopf. Die Menschen, die in den Garagen und teilweise in den Notunterkünften wohnen in anderen Ländern, haben das nicht. Daher mein Appell, wie die Ministerpräsidentin gesagt hat: Es muss schneller gehen. Wir werden zuweisen. Sie kennen die Zahlen. Man darf nie erschrecken, wir haben eine Chance und wir können es machen.

Ich zitiere einmal, was ein berühmter und guter Mann gesagt hat, Erich Kästner: Er hat gesagt, Lawinen haben nicht die Gewohnheit, auf halbem Wege stillzustehen und Vernunft anzunehmen. Dies ist eines der historischen Naturgesetze, die sich haben entdecken lassen. Das heißt: Machen wir uns nicht bange. Denken wir aber realistisch, was wir brauchen. Es gibt keine Integration, weder in der Schule, noch im Unterricht, noch im Beruf. Wenn die Menschen kein Dach über dem Kopf haben, dann haben wir es nicht geschafft. Diese Landesregierung hat bisher (..) einstimmig dafür gesorgt, dass wir es regeln konnten. Drücken Sie uns die Daumen, dass es so glatt in diesem Sinne gelingt. Danke für die Aufmerksamkeit.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 30.09.2015

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