EU – EU-Staaten machen Front gegen Merkels Flüchtlings-Pakt mit der Türkei

Die Aussichten für den von Angela Merkel focierten Deal der EU mit der Türkei haben sich weiter verschlechtert. Der zyprische Präsident Anastasiades droht mit einem Veto gegen die Vereinbarung. Auch andere europäische Staaten warnen vor einer Erpressung durch die Türkei.

Zyperns Präsident Nicos Anastasiades mit EU-Präsident Donald Tusk am Dienstag in Nicosia. (Foto: dpa)

Zyperns Präsident Nicos Anastasiades mit EU-Präsident Donald Tusk am Dienstag in Nicosia. (Foto: dpa)

Anastasiades kritisierte die Verknüpfung der Flüchtlingsfrage mit den türkischen Beitrittsgesprächen zur EU. Es sei „inakzeptabel, die Last der Verantwortung in der Flüchtlingskrise auf meine Schultern oder die der Republik Zypern zu legen“, sagte er nach Gesprächen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk in Nikosia.

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Die Türkei hatte in der vergangenen Woche überraschend angeboten, alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen – für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aufnehmen, der sich schon in der Türkei befindet. Als Gegenleistung verlangt Ankara insgesamt sechs Milliarden Euro von der EU, Visafreiheit für türkische Bürger schon ab Juni sowie beschleunigte Beitrittsverhandlungen mit Brüssel.

Das EU-Land Zypern hatte die seit 2005 laufenden EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara immer wieder blockiert. Die Insel ist seit 1974 geteilt, als türkische Truppen den Nordteil der Insel als Reaktion auf einen Putschversuch besetzten. Die dortige Türkische Republik Nordzypern ist international nicht anerkannt, Ankara erkennt seinerseits die Regierung des EU-Mitglieds Zypern nicht an.

Tusk reiste am Nachmittag nach Ankara weiter, um vor dem Gipfel mit der türkischen Regierung über das angestrebte Flüchtlingsabkommen zu beraten. Der EU-Ratspräsident sagte in Nikosia, der mit Deutschland und den Niederlanden ausgearbeitete türkische Vorschlag müsse noch „ausbalanciert“ werden, damit er von allen 28 EU-Staaten akzeptiert werden könne.

Wichtig sei insbesondere die Frage der Rechtmäßigkeit geplanter Massenabschiebungen von Griechenland in die Türkei, sagte Tusk. Diese müssten vollständig im Einklang mit europäischem und internationalem Recht sein.

Vor Zypern hatten schon Frankreich und Österreich Widerstand gegen den Deal angemeldet. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sagte am Dienstag, sein Land strebe zwar eine „effiziente Zusammenarbeit mit der Türkei“ an, wolle aber keine „Erpressung“.

Auch der tschechische Präsident Milos Zeman warf der Türkei „Erpressung“ vor: Ursprünglich habe die EU drei Milliarden Euro an Unterstützung zugesagt, „jetzt verlangt die Türkei sechs Milliarden Euro und es ist sogar schon die Rede von 20 Milliarden“, sagte Zeman in Prag. „Unhöfliche Leute wie ich nennen das Erpressung.“

Für die Flüchtlinge, die im griechischen Grenzlager Idomeni unter erbärmlichen Bedingungen auf die Öffnung der mazedonischen Grenze warten, sind die Aussichten weiter düster. Rund 1500 Männer, Frauen und Kinder, die am Vortag durch einen reißenden Fluss auf die mazedonische Seite gekommen waren, wurden am Dienstag von mazedonischen Soldaten wieder nach Griechenland zurückgebracht.

Die griechischen Behörden zeigten sich von der einseitigen Initiative der mazedonischen Behörden ebenso überrascht wie von der Zahl der Rückkehrer – sie hatten zuvor von 700 Menschen gesprochen, die es auf die andere Seite geschafft hatten.


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Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras warf den mutmaßlichen Organisatoren der Flucht ein „kriminelles Vorgehen“ vor. Er rief die festsitzenden Flüchtlinge auf, die Hoffnung auf eine Weiterreise Richtung Deutschland aufzugeben und ihre Umsiedlung in bereitstehende Lager zu akzeptieren: „Wir halten es für ausgeschlossen, dass die Balkanroute wieder öffnet“, sagte Tsipras.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 16.03.2016

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