Wie Merkel 2017 Kanzlerin bleiben will

23.12.2015
Peter Orzechowski

Wenn man die Signale der letzten Wochen richtig deutet, dann plant die Kanzlerin bereits ihren Machterhalt. Die Anzeichen mehren sich, dass Angela Merkel ein Bündnis mit den Grünen anstrebt. Vermutlich dürfte sie es dann noch leichter haben, diktatorisch zu regieren.



Anzeichen und Signale gibt es in der Tat mehr als genug:

Da bildet sich eine schwarz-grüne Allianz bei der Verabschiedung des Haushaltes im Stuttgarter Rathaus. Das Budget für die Landeshauptstadt ist vor wenigen Tagen mit den Stimmen von CDU und den Grünen samt ihrem Oberbürgermeister Fritz Kuhn beschlossen worden.

Da kündigen CDU und Bündnis 90/Grüne an, bei den Kommunalwahlen im hessischen Rothenberg im März zwölf Kandidaten aus beiden Parteien auf eine gemeinsame Liste zur Wahl für die insgesamt 15 Sitze in der Gemeindevertretung zu setzen.

Oder die beiden Parteien im Kölner Rathaus streben ein Minderheitsbündnis an und vereinbaren eine feste Zusammenarbeit im Stadtrat. Zuvor hatte die neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker sich indirekt gegen eine Große Koalition ausgesprochen. Die von der CDU, den Grünen und der FDP unterstützte Stadtchefin warb für einen »neuen Politikstil; einen Mix aus Balance und Flexibilität«, offen für Ideen aller demokratischen Parteien und Gruppen.

Einer derjenigen, die sich erst hinter und dann vor den Kulissen für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit eingesetzt hatten, ist der Landeschef der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet. »Nach einem Jahr der Turbulenzen ist jetzt ein Neuanfang in Köln dringend erforderlich«, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dass man mit den Grünen »konstruktiv« zusammenarbeiten könne, habe nicht zuletzt die gemeinsame Wahlkampagne für Henriette Reker bewiesen. Eine Große Koalition dagegen würde »dem Aufbruchssignal der OB-Wahl widersprechen«, so Laschet.


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Testfall Hessen

Die hessische Koalition der CDU mit den Grünen ist ein Modell für die Bundestagswahl 2017 – aus CDU Sicht bereits jetzt ein Erfolg. Denn die Grünen erwiesen sich bislang als willfähriger Partner: Sie schwiegen Pannen und Fehler lieber tot, als die Koalition, sprich: ihre Teilhabe an der Macht und damit an lukrativen Posten zu gefährden. Die Gefahr, dass sie dabei ihre Glaubwürdigkeit verspielen, ist ohnehin gering – denn diese Glaubwürdigkeit haben die Grünen schon während ihrer Regierungszeit in Berlin verloren.

Angela Merkel weiß: Wenn Schwarz-Grün in Berlin etwas werden kann, dann muss es erst mit CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier in Wiesbaden klappen. Die hessischen Grünen mit ihrem Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir an der Spitze zeigen schon einmal, wie die Grünen ihrem zukünftigen Koalitionär entgegenkämen: Indem sie nach dem Prinzip handeln: Was stört, wird ignoriert.




Beispiel 1: Noch im Landtagswahlkampf waren die Grünen vehement gegen ein drittes Terminal für den Frankfurter Flughafen eingetreten. Jetzt sitzen sie in der Regierung – dass das neue Terminal kommt, scheint inzwischen klar.

Beispiel 2: Wie der Spiegel berichtet, so hat die grüne Umweltministerin Priska Hinz Behördenwarnungen vertuscht, wonach die Salzabwässer des Konzerns K+S eine größere Gefahr fürs Grundwasser bedeuten, als bisher bekannt. Wirtschaft vor Öko.

Die grünen Trommler in der CDU

CDU und Grüne bereiten sich in Gesprächsrunden auf ein mögliches Bündnis vor. Seit Januar 2014, also wenige Wochen nach der Bildung der Großen Koalition, treffen sich regelmäßig Politiker von CDU und Grünen: Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete. Sechs Treffen, heißt es, habe es seither gegeben – jeweils zu einem Thema, jeweils mit einführenden Referaten, jeweils mit 25‒30 Teilnehmern, etwa hälftig aus den beiden Parteien. Sie redeten über schwarz-grüne Optionen, über Wirtschaftspolitik, über soziale Gerechtigkeit, über Datenschutz und Bürgerrechte oder über die Frage der digitalen Wirtschaft. Es geht um das Kennenlernen der Positionen und Grundhaltungen der anderen Seite.

Von CDU-Seite kommen etwa der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Günter Krings, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön, aber auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber und der thüringische Landes-und Fraktionsvorsitzende Mike Mohring. Von den Grünen sind etwa der Innenpolitiker und vormalige Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck und Konstantin von Notz dabei. Er ist für die Grünen für den NSA-Untersuchungsausschuss zuständig.

Organisatoren dieses schwarz-grünen Kreises sind das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, und Omid Nouripour, der in der Grünen-Fraktion für Verteidigungspolitik zuständig ist.

Spahn hat in seiner Partei noch eine andere Funktion. Er organisiert eine große Gruppe von zumeist jüngeren Landes- und Bundespolitikern, die sich »CDU2017« nennt, was ebenfalls auf die nächste Bundestagswahl zielt. Viele dieser Mitglieder gelten ebenfalls als schwarz-grün-affin.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte schon Anfang Juli angekündigt, die CDU werde sich »inhaltlich neu positionieren«. Um dieses Reformprogramm durchzusetzen, hatte Tauber vier Kommissionen eingesetzt. Neben einer Kommission zur Parteireform gab es drei weitere, die jeweils von einem stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden geleitet wurden. Es passte ins Bild, dass zwei dieser drei CDU-Spitzenpolitiker selbst schwarz-grünen Optionen nahestehen.

Der bereits erwähnte NRW-Chef der CDU, Armin Laschet, hatte Mitte der 90er-Jahre zur damals sogenannten »Pizza-Connection« gehört – der Keimzelle dieser Bestrebungen, der damals auch der jetzige Kanzleramtsminister Peter Altmaier angehört hatte. Auch , die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende, setzt als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im kommenden Jahr auf ein schwarz-grünes Bündnis.

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Laschets Kommission galt dem Thema »Zusammenhalt stärken – Zukunft der Bürgergesellschaft gestalten«. Eindeutig wird darin die – innerhalb der CDU-Mitglieder des Bundeskabinetts und auch an der Spitze der CDU/CSU-Fraktion umstrittene – Forderung Taubers unterstützt, weil Deutschland ein Einwanderungsland sei, müsse es ein neues Einwanderungsgesetz geben. Das finden die Grünen schon lange.

Fazit

CDU und »dasselbe in Grün« hat für Angela Merkel einige Reize: Dem Bürger könnte man vorgaukeln, die neue Koalition stünde für einen Neubeginn. In ihrer alleinherrschenden Regierungsform hätte sie von einer willfährigen Partei wie den Grünen noch weniger Gegenwind zu erwarten. Und wenn den Grünen bis 2017 die Stammwähler wegen dieser nicht-grünen Koalitionspolitik in den Ländern (Hessen und bald Rheinland-Pfalz?) davonlaufen? Dann hat die Kanzlerin immer noch einen weiteren möglichen Ja-Sager als Koalitionspartner: Schafft es die FDP wieder in den Bundestag, koaliert Angela Merkel am Ende erneut mit den Liberalen.

Quelle: Kopp-online vom 23.12.2015

 

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