Flüchtlingskrise – Widerstand gegen Plan, Gebäude zu beschlagnahmen

23.08.15

Die Ausgaben für Asylbewerber haben sich seit 2010 mehr als verdoppelt. Das liegt auch an den Unterbringungskosten. Gegen die Idee, Flüchtlinge in leeren Häusern unterzubringen, regt sich Widerstand.

Von Jan Dams , Claudia Kade , Virginia Kirst, Stefan von Borstel

Flüchtlingsunterkünfte - Manheim

Foto: dpa Im nordrhein-westfälischen Kerpen werden Flüchtlinge in leerstehenden Häusern untergebracht. Unter anderem der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor diesem Konzept der Unterbringung

Die steigende Zahl der Flüchtlinge in Deutschland lässt die Kosten explodieren. Zwischen 2010 und 2014 haben sich die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf 1,7 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Das ergab eine exklusive Umfrage der „Welt am Sonntag“ unter den 16 Bundesländern. Offiziell sollen diese Zahlen erst in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.

Die Zahl der Empfänger ist im gleichen Zeitraum allerdings noch deutlich stärker gestiegen als die Kosten. 2010 lebten in Deutschland rund 130.000 Menschen, die Leistungen nach dem AsylbLG bezogen. 2014 waren es rund 363.000 – also nahezu das Dreifache. In diesem Jahr erwartet der Bund bis zu 800.000 Neuankömmlinge (Link: http://www.welt.de/145472484) aus Kriegs- und wirtschaftlichen Krisengebieten.

Für Unterbringung, Versorgung und Taschengeld der Flüchtlinge entstehen in Deutschland einem Bericht des Magazins „Focus“ (Link: http://www.focus.de/) zufolge dauerhafte Mehrkosten von jährlich rund sechs Milliarden Euro. Bislang habe der Bund den Ländern und Kommunen allerdings nur eine Milliarde Euro zugesagt, berichtete das Magazin unter Berufung auf interne Schätzungen der Bundesregierung.

Bayerns Kosten haben sich verfünffacht

Wie die Umfrage der „Welt am Sonntag“ zeigt, ist die finanzielle Belastung regional zudem höchst unterschiedlich verteilt. In Bayern etwa stiegen die Kosten von 85 Millionen Euro in 2010 auf 439 Millionen Euro in 2014 auf mehr als das Fünffache. In Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen legten die Ausgaben auf das Dreieinhalbfache zu.

Berliner Experten erklären den starken Kostenanstieg auch in ihrer Stadt nicht zuletzt mit den gestiegenen Unterbringungskosten. Weil Berlin zum Beispiel keine freien Räumlichkeiten mehr hat, müssen Containerdörfer gebaut werden, oder die Stadt bringt die Flüchtlinge zum Teil in Hostels unter. Das alles kostet mehr Geld als das Wohnen in bereits abgeschriebenen Einrichtungen, für die niedrigere Kosten anfallen.

Der Vorstoß mehrerer Oberbürgermeister, im bevorstehenden Winter notfalls leer stehende Häuser zu beschlagnahmen, stieß jedoch auf enorme Gegenwehr. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte vor dem „Irrglauben“, mit Wohnungsbeschlagnahmen könne die Misere auch nur ansatzweise behoben werden.

Städtebund fordert Neubau-Programm

Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg forderte stattdessen ein groß angelegtes Neubau-Sofortprogramm. „Was wir in Wirklichkeit brauchen, ist ein bundesweites Bauprogramm für Flüchtlingsunterkünfte“, verlangte Landsberg. „Dabei muss auf alle Standards verzichtet werden, die nicht Statik, Sicherheit und Brandschutz betreffen.“ Auch Energiesparvorgaben müssten zurückgestellt werden.

Die Haus- und Grundeigentümer zeigten sich besorgt, mit solch drastischen Mitteln wie Beschlagnahmungen die Hilfsbereitschaft im Land (Link: http://www.welt.de/145508026) ins Wanken zu bringen. Vielerorts seien private Vermieter in den vergangenen Wochen bereits den Aufrufen von Vereinen gefolgt und hätten den Kommunen Wohnungen für Asylsuchende angeboten, sagte Rolf Kornemann, Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund.

Vor diesem Hintergrund seien Forderungen nach Beschlagnahme kontraproduktiv. „Solche Drohungen werden das positive Engagement der Bürger nicht fördern.“ Der Deutsche Landkreistag verteidigte den Vorstoß dagegen als letztes Mittel, wenn alle anderen Möglichkeiten der Unterbringung wie Sporthallen und Zelte ausgeschöpft seien.

Quelle: N24 und Welt-online vom 23.08.2015

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