AfD-Sachsen: Das Land der Verachteten

 

 
MAX ERDINGER
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Jörg Urban, Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Sachsen 2019 – Foto: Imago
 

Daß die AfD in Sachsen bei der Erstellung ihrer Kandidatenliste gepatzt hat, gilt als Formfehler. Eine Kandidatenliste muß an einem Parteitag beschlossen werden. Als ein Parteitag können auch zwei Tage gelten – der zweite als Fortsetzung des ersten – , wenn an beiden Tagen sowohl Versammlungsleiter und Vertrauensleuten aus denselben Personen bestehen. Das war bei der Erstellung der Kandidatenliste in Sachsen anders. Beim ersten Parteitag im Februar, bei dem über die Listenplätze 1 – 18 abgestimmt worden ist, hat es einen anderen Versammlungsleiter gegeben, als bei seiner Fortsetzung in Form eines zweiten im März, an dem über die Listenplätze 19 – 61 abgestimmt wurde.

Die Folge: Die Landeswahlleitung akzeptiert die Kandidaten 19 – 61 nicht. Von den etwa dreißig Sitzen im sächsischen Landtag, welche die AfD Wahlprognosen zufolge ziemlich sicher errungen hätte bei den Landtagswahlen im Herbst, kann sie nur achtzehn besetzen. Einziger Ausweg: Die AfD muß mehr Direktmandate erringen, um die ausgefallenen Listenplätze zu füllen.

 

Wie der MDR berichtet, stellt Landeswahlleiterin Carolin Schreck die Dinge nun folgendermaßen dar: Nach ihren Angaben wusste die AfD seit Einreichung ihrer beiden Listen Mitte Juni über den Mißstand Bescheid. Schreck habe ein Mängelschreiben versendet, sagt sie. Bis zum Ablauf der Einreichungsfrist für die Landeslisten am 27. Juni habe sie jedoch nichts mehr gehört. Bei früherer Einreichung jedoch wäre noch Zeit gewesen, über die Mängel zu sprechen und eine Lösung zu finden.

AfD-Wahlbeauftragter Carsten Hütter behauptet, die AfD habe nach einem Hinweis des Landeswahlleiters nachgebessert. Er sei davon überzeugt, daß alles in Ordnung ist.

Der BILD-Zeitung zufolge sei es aber so gelaufen: Landeswahlleiterin Schreck habe dem AfD-Landesvorsitzenden gesagt: „Wenn Sie mit Unterlagen, die nach ihren Aussagen Entwurfscharakter tragen, am 18. Juni kommen, dann ist das einfach zu knapp. Sie nehmen ja nicht zum ersten Mal an einer solchen Wahl teil! Man hätte bei entsprechendem Vorlauf nochmal eine neue Versammlung für alle Listenplätze 1 bis 61 machen können.

Wie gesagt, es geht also um einen Formfehler. Wo niemals irgendwelche Formfehler passieren, wäre einer natürlich schon einer zu viel. Wir leben aber nicht in einem Land, in dem man auf Formfehler noch viel geben darf. Wir leben nämlich in einem Land, in dem selbst die Justiz den Rechtsstaat „partiell außer Kraft“ gesetzt sieht. Und zwar durch eine amtierende Regierung, besonders durch die Kanzlerin. Was sagt uns also die Erbsenzählerei der Landeswahlleiterin Schrick in Sachsen?

„Formfehler“ gegen die Demokratie

Allen bekannten Umfragen zufolge liegt die AfD in Sachsen mit der CDU gleichauf, beide Parteien bei jeweils 26 Prozent. Solche Umfragen ermitteln den mutmaßlichen Wählerwillen zum Zeitpunkt der Umfrage und erlauben Rückschlüsse auf das zu erwartende Wahlverhalten am Wahltag. Die Prognosen aus den Umfragen dürften auch dem Landeswahlausschuß bekannt sein. Das führt unwiderlegbar zu der Feststellung, daß der Landeswahlausschuß einen Formfehler schwerer gewichtet, als den mutmaßlichen Wählerwillen. Direkter ausgedrückt: Der Landeswahlausschuß erklärt allen Sachsen, daß ihr politischer Wille hinter der bürokratisch korrekten Einreichung einer Kandidatenliste zurückzustehen hat. Das ist die Selbstermächtigung der Bürokratie dem Souverän gegenüber. Der allerdings dient nicht der Bürokratie, sondern die Bürokratie hätte ihm zu dienen. Es steht der Verdacht im Raum, die Landeswahlleiterin könnte die AfD bewußt, keinesfalls jedoch unwillkommen, im Unklaren hinsichtlich der Konsequenzen gelassen haben, die eine formfehlerhaft eingereichte Kandidatenliste tatsächlich nach sich ziehen könnte. Bei der Europwahl soll die AfD übrigens anstandslos mit „zwei Listen“ akzeptiert worden sein.

staatslehre

Wenn der AfD-Wahlbeauftragte Carsten Hütter sagt, seine Partei habe nach den Hinweisen des Landeswahlleiters nachgebessert, und wenn er hinzufügt, er sei davon überzeugt gewesen, daß danach alles in Ordnung gewesen ist, dann heißt das zwingend, ihm kann vorher von der Landeswahlleitung nicht unmißverständlich klar gemacht worden sein, daß eben nicht alles in Ordnung ist – und daß die Kandidatenliste so nicht akzeptiert werden wird. Er wäre also im Unklaren gelassen worden – und wie sich das mit den Aufgaben einer Landeswahlleitung verträgt, wäre womöglich Gegenstand einer Untersuchung hinsichtlich der korrekten Amtsführung des Landeswahlausschußes.

In § 11 LwahlG heißt es: Die Landeswahlleiterin oder der Landeswahlleiter führt die Geschäfte des Landeswahlausschusses. Sie oder er trägt im Rahmen ihrer oder seiner Aufgaben die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl im Land.

Daß die Verantwortung für die Vorbereitung einer Wahl als Verantworung für die korrekte Vorbereitung einer Wahl zu verstehen ist, muß man wohl nicht extra hinzufügen. Wenn also Landeswahlleiterin Schreck in ihrem Mängelschreiben vom 18. Juni nicht geschrieben hat, daß die Kandidatenliste bis zum Fristablauf am 27. Juni „so und nicht anders“ zustande gekommen zu sein hat, sondern vage formuliert, man könne „über die Dinge sprechen, um eine Lösung zu finden“, die Nachbesserung dann fristgerecht entgegennimmt, um am 5. Juli dann mitzuteilen, daß zwei Drittel der AfD-Kandidaten nicht akzeptiert werden, dann darf mit Fug und Recht gefragt werden, ob sie ihrer Verantwortung als Landeswahlleiterin „im Rahmen ihrer Aufgaben“ nachgekommen ist.

Wem es allerdings mehr um das grundsätzliche Ziel einer demokratischen Wahl geht, nämlich um die Umsetzung des Wählerwillens, welcher nun in der Hauptsache wahrlich nicht an Formfehlern oder  Schuldzuweisungen an Landeswahlleiterinnen hängt, stellen sich Fragen nach der Verhältnismäßigkeit, was die Achtung von Recht und Gesetz einerseits – und deren Mißachtung andererseits angeht. Ob die Kandidatenliste der sächsischen AfD im Resultat eine ist, die den Anforderungen genügt, ließe sich auch anders feststellen, als ausschließlich über die Frage nach ihrem Zustandekommen.

Wo leben wir eigentlich?

Wie oben bereits geschrieben, leben wir in einem Land, in dem – richterlich bestätigt – von der Regierung der Rechtsstaat partiell außer Kraft gesetzt worden ist. Außerdem leben wir in einem Land, in dem zum Schreien bigotte Hypermoralisten permanent mit zweierlei Maß messen, auf Recht und Gesetz keinen Pfifferling mehr geben, sondern ihre eigene „Moral“ zum Gesetz erheben.

1. Artikel 16a Grundgesetz (Asylrecht) – von der Kanzlerin „formfehlerhaft“ im Alleingang geschleift.

2. Artikel 5 Grundgesetz (Meinungsfreiheit, Zensurverbot) in der Verantwortung des ehemaligen Justizministers der Kanzlerin zumindest seiner Intention nach geschleift.

3. Eine Zweiklassenjustiz wurde etabliert. Äußerste Nachsicht mit migrantischen Gewaltkriminellen einerseits, äußerste Härte gegen Indigene bei Bagatelldelikten.

4. Kriminellen Drogendealern werden amtlicherseits Verkaufsplätze zugewiesen, anstatt sie zu verhaften (Görlitzer Park, Berlin). 8.500 unvollstreckte Haftbefehle (ebenfalls Berlin).

5. Vom Bundespräsidenten über den Außenminister bis hin die Mainstream-Medien wird eine Gesetzesbrecherin glorifiziert (Carola Rackete, Kapitänin „Sea-Watch-3“)

6. Öffentlich-rechtliche Medien (ARD) bekennen sich freimütig zu Verstößen gegen ihren verfassungsmäßigen Auftrag zur ausgewogenen Berichterstattung.

7. Bis zu vier Vertreter abgewählter Parteien beratschlagen über Koalitionsbildungen zur Herstellung einer Mehrheit gegen den einen mehrheitlich Gewählten. (CDU, SPD, Grüne, Linke vs. AfD)

8. Die Phrase „Noch ist es unser Land, Herr Lübcke“ wird weitgehend unwidersprochen in „Haßrede“ umdefiniert. Tatsache: Unsere Freibäder sind die Freibäder jedenfalls nicht mehr.

9. Die Bürger werden über realiter irrelevante Scheindebatten (Klima, CO2) nach Strich und Faden hinters Licht geführt, um gesellschaftspolitische Ziele durchzusetzen, die nicht mehrheitsfähig wären.

10. Vage, höchst interpretationsfähige Substantive und Adjektive werden systematisch in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeschleust und so behandelt, als beschrieben sie etwas Konkretes.

–  „Die Menschen“, „bunt“, „vielfältig“, „tolerant“, „weltoffen“ usw.usf. sind wesentlich verheerender für die Demokratie, als ein Formfehler bei der Erstellung einer Kandidatenliste. Eine Sprache, die systematisch sowohl ihrer grammatikalischen Präzision als auch der Eindeutigkeit ihrer Begrifflichkeiten beraubt wird, taugt nicht mehr zur Kommunikation unter Demokraten, da alles und jedes so oder auch anders „interpretiert“ werden kann. Mithin verschwinden dezidierte Standpunkte. Es wird beispielsweise nicht mehr unterschieden zwischen der „Schuld“ und der „Ursache“. – „Ein geplatzter Reifen war schuld an dem Unglück“, heißt es heutzutage, wo es eigentlich heißen müsste: „Ein geplatzter Reifen war ursächlich für das Unglück“. Aus Bayern werden „die Menschen in Bayern“, aus Deutschen werden „die Menschen, die schon länger hier leben“ usw.usf. – Volkstümlicher ausgedrückt: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hierzulande sind völlig im Arsch.

Angesichts dieser Zustände ausgerechnet einen Formfehler bei der Erstellung einer Kandidatenliste zur sächsischen Landtagswahl herzunehmen, um als Gipfel der Scheinheiligkeit ein Exempel für die Wahrung dessen zu statuieren, was in anderen, wesentlich schwerwiegenderen Zusammenhängen systematisch mit Füßen getreten wird, ist nicht weniger, als die letzte deutliche Kriegserklärung an den Souverän. Der wiederum sollte sie auch endlich annehmen und – um mit Ralf Stegner (SPD) zu sprechen – „mit allen friedlichen Mitteln“ gegen diejenigen „kämpfen„, die aus ihm partout einen bevormundeten Hanswurst machen wollen. Phantasievolle Subversion ist gefragt, um die bigotten, durchideologisierten und hypermoralisierenden Quälgeister aus Bürokratie, Altparteien und Mainstream-Medien endlich abzuschütteln und unser eigentlich freiheitliches, demokratisches und rechtsstaatliches Land so, wie es im Grundgesetz gedacht war, wieder aufblühen zu lassen, anstatt sich fatalistisch dem allgegenwärtigen Niedergang von allem zu fügen.

Für die CDU in Sachsen könnte sich das Herumreiten des Landeswahlausschusses auf einem Formfehler der AfD allerdings als fatal erweisen. Nicht wenige der sächsischen Wähler dürften nach dem bürokratischen Schmierentheater um die Kandidatenliste der AfD die Nase endgültig gestrichen voll haben und sich sagen: „Jetzt erst recht! Wir lassen uns diese heuchlerischen Impertinenzen nicht länger mehr bieten!“

Quelle: journalistenwatch.com vom 06.07.2019 


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Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Die Sachsen werden nur von Idioten verachtet. Ich empfinde sie als streitbares Volk das sich nicht mehr alles gefallen lässt. Weiter so.

birgit
birgit
4 Jahre zuvor

Dieser ganz Schwindel hat ein Positiv, viele CDU Wähler werden nun AfD wählen.