Die Industrie rechnet wegen des Materialmangels mit einer „Triage am Bau“

03:00 Uhr

Auf dem Weg in die Krise? Die Bauindustrie hat zu kämpfen.
Foto: Julian Stratenschulte, dpa

Kein Material und überteuerte Preise: Müssen große Bauvorhaben jetzt verschoben werden? Auch die Zahl der Kurzarbeiter am Bau steigt.

Die Mieten zu hoch, Straßen und Brücken marode, viele in der Nachkriegszeit eilig gebaute Häuser reparaturbedürftig: Die Bauwirtschaft sollte eigentlich ein paradiesisches Jahrzehnt mit vollen Auftragsbüchern und ausgelasteten Kapazitäten vor sich haben. Tatsächlich jedoch machen der Mangel an Material und die gestiegenen Preise der Branche immer schwerer zu schaffen. Die ersten Unternehmen beantragen bereits Kurzarbeit.

Es fehlt vor allem an Stahl und an Bitumen

Bei der Bundesagentur für Arbeit haben im April 1322 Betriebe bzw. Betriebsteile Kurzarbeit angezeigt, das sind deutlich mehr als im März mit 812, obwohl die Baukonjunktur im April nach der Winterpause üblicherweise anzieht. Der Verband der Bauindustrie rechnet sogar schon mit einer „Triage am Bau“ – einer Priorisierung besonders dringlicher Projekte. An welcher Baustelle muss unbedingt weitergearbeitet werden? Wo tut es weniger weh, wenn eine Baustelle erst einmal ruht? Knapp die Hälfte des Betonstahls etwa, der in Deutschland verbaut wird, kam bisher aus Russland, Belarus oder der Ukraine. Und an der besonders vom Öl-Embargo betroffenen Raffinerie in Schwedt hängt ein Drittel der Bitumenproduktion in Deutschland, für die schweres Rohöl benötigt wird. Das heißt: Es fehlt Material, um Straßen zu asphaltieren, Dachbahnen zu legen oder Hochbauten abzudichten. Alternative Lieferanten sind nicht in Sicht – schweres Rohöl wird nur in wenigen Ländern gefördert, in Venezuela oder im Iran etwa. Für beide Staaten aber gelten ebenfalls Embargos.

„Es ist paradox: Wir wollen bauen, wir sollen bauen – aber wir können oft nicht bauen“, klagt Tim-Oliver Müller, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bauindustrie, gegenüber unserer Redaktion. „Die Krise legt die engen Lieferketten und Abhängigkeiten brutal und schonungslos offen.“ Vor fünf Monaten sei der Bau noch mit einem historisch hohen Auftragsbestand in das neue Jahr gestartet. Nun rechnet die Branche für das laufende Jahr mit einem Umsatzeinbruch von bis zu zwei Prozent. Alleine im Gewerbebau liegen wegen der dramatisch gestiegenen Preise etwa 30 bis 40 Prozent der Vorhaben auf Eis – Projekte wie das geplante Logistikzentrum von MAN Energy Solutions in Augsburg, dessen Bau der Konzern im Moment nicht weiter verfolgt. Größere Bauvorhaben des Bundes müssen nach Auskunft des Bauministeriums bisher allerdings nicht ausgesetzt oder verschoben werden. Auch eine Priorisierung von einzelnen Vorhaben in einer Art Triage sei „aktuell nicht erforderlich.“

Union fordert neue Hilfen für Häuslebauer

„Die Lage auf dem Bau ist dramatisch“, sagt auch der Bauexperte der Unionsfraktion, der Nördlinger CSU-Abgeordnete Ulrich Lange. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mindestens ein Teil der Krise am Bau hausgemacht ist, durch die katastrophale Förderpolitik der Bundesregierung und unklare Perspektiven für Häuslebauer.“ So sei die Zahl der Baugenehmigungen für neue Einfamilienhäuser in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. „Deshalb muss die Bundesregierung dringend handeln. Wir benötigen vernünftige, umsetzbare und solide finanzierte Förderkonzepte, wenn die Bautätigkeit nicht noch weiter sinken soll.“

Das Bauen in Deutschland sei zu teuer, zu bürokratisch und dauere zu lange, räumt auch Langes FDP-Kollege Daniel Föst ein. Die Ampel-Koalition arbeite deshalb „mit Hochdruck“ an der Digitalisierung und Beschleunigung der Verfahren. Bei den schnellen Genehmigungen für die neuen Flüssiggasterminals habe die Politik gerade gezeigt, dass man das könne. Außerdem sollten die Länder endlich ihre Vorschriften harmonisieren, verlangt Föst. „Deutschland braucht keine 16 verschiedenen Bauordnungen.“

Quelle: Augsburger Allgemeine vom 07.06.2022

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Ulrike
Ulrike
1 Jahr zuvor

Hier stehen auch schon halbfertige Einfamilienhäuser wo es nicht weitergeht.

Rosemarie+Pauly
Rosemarie+Pauly
1 Jahr zuvor

…unklare Perspektiven für Häuslebauer…

Das ist doch schon seit mindestens eineinhalb Jahrzehnten so !
Unsichere Arbeitsplätze, unsichere bzw. nicht steigende Löhne – wer soll denn da noch den Mut besitzen zu bauen, wenn man schon morgen auf der Straße sitzen kann ?

birgit
birgit
1 Jahr zuvor

Die Katastrophe hat sich schon lange angekündigt. Nun sind wir mitten drin. Die Kunden sind verzweifelt. Und die Betriebe haben Umsatzeinbußen ohne Ende in Sicht. Ein positiv Effekt, die Volksvernichter bekommen weniger Steuern zum verprassen. Aber der Konstrukt passt sich nicht an, die Schreiben nach wie vor fette Rechnungen für die Zwangsmitgliedschaften. So auch die HWK und die BG Bau natürlich. Forderungen zurückweisen und nicht mehr an die Sesselfurzer Parasiten zahlen. Die können vom Collateral abbuchen, diese kriminelle Bande.

Alexander Berg
1 Jahr zuvor

Wenn man zu viele äußere Abhängigkeiten hat, lässt sich darüber auch der Bedarf einer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft fremdsteuern.

Annette
Annette
1 Jahr zuvor

Die Krankenkassen können keine neuen Versicherungskarten ausgeben, weil die Chips fehlen. Doof gelaufen, was?