Wahl in NRW: Weiter so trotz Wahlenthaltung

14.09.2015
Torben Grombery

In Nordrhein-Westfalen wurden am Sonntag in knapp der Hälfte aller Kommunen Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte gewählt. Die Massenmedien präsentieren uns dazu – wie gewohnt – viele bunte Bilder von überglücklichen Wahlgewinnern der Volksparteien. Die »demokratische« Karawane zieht weiter – zur Not auch ohne das lästige Wahlvolk.

Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) zählt rund 17,6 Millionen Einwohner. Alleine im Ruhrpott, also von Duisburg bis Dortmund, leben mehr als fünf Millionen Menschen. In dieser bekannten und bei vielen Menschen nach wie vor beliebten Region Deutschlands wurden am Sonntag in 156 Gemeinden, elf Landkreisen sowie elf Großstädten Bürgermeister, Landräte und Oberbürgermeister neu gewählt.

Ähnlich wie bei den vergangenen Bürgerschaftswahlen in Bremen oder bei der wegen Wählertäuschung erforderlich gewordenen Nachwahl in Duisburg-Bruckhausen, haben die jetzt stattgefundenen Wahlen in NRW in den meisten Großstädten, Kommunen und Kreisen einen weiteren traurigen Tiefpunkt der Wahlbeteiligung markiert.

So feierte beispielsweise der SPD-Kandidat Dr. Frank Dudda in der Ruhrgebietsstadt Herne seine Wiederwahl mit 55,9 Prozent der Stimmen. Von den 122 295 Wahlberechtigten wurden in den Wahllokalen gerade einmal 35 998 gültige und 604 ungültige Stimmen abgegeben – was einer Wahlbeteiligung von 29,9 Prozent entspricht. SPD-Mann Dudda konnte 20 119 Stimmen auf sich vereinen und darf sich entsprechend noch über einen Rückhalt von rund 16 Prozent im gesamten Wahlvolk freuen.

In der Kreisstadt Unna darf sich der SPD-Kandidat und Amtsinhaber Werner Gustav Adolf Kolter über seine deutliche Wiederwahl mit 83,47 Prozent der Stimmen freuen – allerdings ohne Gegenkandidat und nennenswertem Wahlvolk.

Denn dort haben sich von den 50 156 Wahlberechtigten ziemlich genau 37 375 oder rund 75 Prozent gleich den Gang zur Wahlkabine erspart. Damit verfügt SPD-Mann Kolter noch über einen Rückhalt von knapp 21 Prozent (10 539 Stimmen) in der Bevölkerung seiner Geburtsstadt.



Selbst die viertgrößte Stadt des Landes, die Ruhrgebietsmetropole Essen, verzeichnete lediglich noch eine Wahlbeteiligung von besorgniserregenden 33,9 Prozent. Von den 457 035 möglichen Stimmen aller Wahlberechtigten landeten nur 153 053 gültige Stimmen in den Wahlurnen – die niedrigste Beteiligung an einer Kommunalwahl in der Großstadt aller Zeiten.

Auch aus den meisten Landkreisen in NRW konnte keine spürbar höhere Wahlbeteiligung vermeldet werden. So verzeichnete beispielsweise der Landkreis Herford noch eine Teilnahme an dieser Wahl von rund 33 Prozent aller Berechtigten.

Aus dem Rhein-Kreis-Neuss vermeldeten die Wahlvorstände eine Wahlbeteiligung von rund 38 Prozent, genau wie aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis. Dafür konnte im Kreis Euskirchen sowie im Kreis Kleve hingegen die 40-Prozent-Marke soeben übersprungen werden.

In den kleineren Gemeinden und Städten innerhalb dieser Kreise ereignete sich zumeist dasselbe traurige Bild, wie beispielsweise in der eher ländlich gelegenen Kleinstadt Selm im Kreis Unna, die noch mit einer Wahlbeteiligung von exakt 35 Prozent aufwarten konnte – womit die willkürlich gewählte Aufzählung endet.


In der nordrhein-westfälischen Millionenstadt Köln musste die OB-Wahl nach der verheerenden Wahlfarce der letzten Monate gleich in Gänze verschoben werden, weil man dort bisher nicht einmal in der Lage war, gültige Stimmzettel zu drucken.

Diese erneute sowie historisch deutliche Wahlenthaltung und der damit einhergehende, weiter und stetig anwachsende Vertrauensverlust der Bürger in die vorhandenen Volks- und Kleinparteien – also bis auf wenige Ausnahmen in die gesamte Politik der Bundesrepublik, wird von den dafür verantwortlichen Politikern traditionsgemäß nicht oder nur am Rande thematisiert, denn gewählt ist laut Kommunalwahlgesetz, wer die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt, völlig unabhängig von der Wahlbeteiligung.

Auch den allermeisten Journalisten der Massenmedien ist diese, für unsere »Demokratie« mehr als negative Entwicklung – wenn überhaupt – in den meisten Texten bestenfalls eine Randnotiz wert – fleißig vorgebetet auch von der dpa.

Quelle: Kopp-online vom 14.09.2015

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