Europa: Gabriel hält EU-Beitritt der Türkei für unrealistisch

Außenminister Sigmar Gabriel sieht kaum noch eine Chance für den EU-Beitritt der Türkei. Das Land sei davon „heute weiter entfernt als je zuvor“, sagte Gabriel dem SPIEGEL.

Von Christoph Schult

Sigmar Gabriel
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Sigmar Gabriel

Im Interview mit dem SPIEGEL verriet der Vize-Kanzler und Noch-SPD-Vorsitzende, dass er den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei schon lange skeptisch gegenüberstehe. „Ich habe immer Zweifel gehabt, war aber in der SPD eher in der Minderheit“, so Sigmar Gabriel.

Er habe das auch Recep Tayyip Erdogan gesagt, als dieser noch türkischer Ministerpräsident war. Erdogan habe damals geantwortet, so Gabriel, dass er gar nicht zwingend in die EU aufgenommen werden wolle.

Er wolle sich nur an den europäischen Standards orientieren, um sein Land zu modernisieren. Als sich Erdogan daran machte, mithilfe der EU-Perspektive das türkische Militär aus der Politik zu verdrängen, habe die EU den Fehler gemacht, nicht das Verhandlungskapitel Justiz und Grundrechte zu eröffnen. „Frau Merkel, die damals mit der FDP regierte, sowie die Konservativen in Österreich und in Frankreich haben das damals verhindert“, kritisiert nun Gabriel.

Langfristig strebt Gabriel nun ein Modell an, das dem von Merkels privilegierter Partnerschaft mit der Türkei nahekommt. Er habe Merkels Konzept damals zwar für falsch gehalten, weil sich die Türken dann als Europäer zweiter Klasse gefühlt hätten. Aber: „Heute ist die Situation durch den Brexit eine völlig andere“, so Gabriel. Wenn die EU mit Großbritannien eine „special relationship“ aushandele, könne das „als Blaupause für andere Länder dienen“.

Im Streit um Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker in Deutschland für das am 16. April stattfindende Verfassungsreferendum drohte der Außenminister mit einem Auftrittsverbot, sollten sich türkische Vertreter in der Wortwahl vergreifen. „Wir haben sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass wir jederzeit alle notwendigen Maßnahmen ergreifen können und ergreifen werden, wenn sich Ankara nicht an die deutsche Rechtsordnung hält“, sagte Gabriel: „Wer diese Grenzen überschreitet, darf nicht davon ausgehen, dass er bei uns seine politischen Vorstellungen propagieren darf.“

In den vergangenen Tagen hatten sich mehrere SPD-Spitzenpolitiker von einem EU-Beitritt der Türkei distanziert. „Unter den gegenwärtigen Umständen ist ein EU-Beitritt völlig ausgeschlossen“, so der designierte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zur „Rheinischen Post“. Und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte dem SPIEGEL: „Wenn sich Erdogan mit seinem Verfassungsreferendum durchsetzt, wird dem Präsidenten nahezu unbeschränkte Macht verliehen. Damit dürfte sich der EU-Beitritt der Türkei für unabsehbare Zeit erledigt haben.“

Quelle: Spiegel-online vom 18.03.2017

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