BILD schürt den Scheiterhaufen: So landen Sie mit Facebook am Pranger


20.10.2015

Markus Mähler

Journalisten atmen auf: Die Meinungsfreiheit der anderen ist zurück im Mittelalter. Das Leitmedium BILD kontrolliert als Polizist, was auf Facebook erlaubt ist und was nicht. In seiner Dienstagsausgabe stellt das Blatt 42 Facebook-»Hetzer« an den »Pranger der Schande« – mit Klarnamen, Foto und einer Schnellverurteilung: »Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!« Innenminister de Maizière segnet die Springer-Selbstjustiz ab und zufällig ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen drei deutsche Facebook-Manager wegen Beihilfe zur Volksverhetzung.

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Was darf Satire? Nur noch, was die BILD erlaubt. Das Blatt fährt bereits seit Monaten eine Kampagne gegen Facebook, seine Nutzer und ihre Meinungsfreiheit. Die Springer-Journalisten jagen im sozialen Netzwerk »Dunkeldeutsche« und »Hasskommentatoren«. Bereits Anfang September stellten sie »Deutschlands wohl schlimmsten Hetzer« an den Pranger.

Wenn eine Meute aufgebrachter Medienprofis wie mit Fackel und Mistgabel angeblich unerlaubte Meinungen selbst bestraft, wird es ernst: Das Klima der Angst kehrt ins digitale Zeitalter zurück. Denkverbote gibt es schon länger – aber jetzt sticht Springers Speerspitze erst so richtig zu. In seiner Dienstagsausgabe stellt das Blatt 42 Facebook-»Hetzer« an den »Pranger der Schande«. Das ist nicht ohne Ironie: Viele im Land verabscheuen die Zeitung als Bilderbuch der Hetze.

BILD jagt Menschen – mit dem Segen der Politik

Auf der Doppelseite werden nicht nur ihre Facebook-Kommentare abgedruckt, die »Hetzer« werden auch mit Klarnamen und Foto gezeigt. Wehren dürfen sie sich nicht. Darunter heißt es: »Wer Hass sät, wird Gewalt ernten. Längst ist die Grenze überschritten von freier Meinungsäußerung oder Satire zum Aufruf schwerster Straftaten bis zum Mord.«

Was das eine vom anderen unterscheidet, bestimmt inzwischen die BILD. Sie zerrt Menschen an den Pranger, fällt dort ein Schnellurteil und ruft anschließend: »Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie.« Als ob die Journalisten im Springer-Hochhaus eine höhere Instanz sind und deutsche Ermittlungsbehörden bloß ihre Büttel und Häscher.

Macht die Justiz bei so etwas mit? Und wie: Innenminister Thomas de Maizière erteilt sogar seine Absolution für etwas, das man nur Selbstjustiz der Medien nennen kann. In einem nebenstehenden Gast-Kommentar schreibt er in der BILD: »Ein Patriot liebt sein Land und hasst nicht andere!« Zufällig ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gerade gegen drei deutsche Facebook-Manager wegen vorsätzlicher Beihilfe zur Volksverhetzung.

Keine Freiheit mehr auf Facebook: zwischen Blockwart und Zensur

Deutschland ist in der Flüchtlingskrise, die Asylpolitik der Kanzlerin findet immer weniger Rückhalt im Volk und das Meinungsklima im Land wird rauer. Es wird um die so genannte Deutungshoheit gekämpft, um die Köpfe der Menschen. Bereits Ende September wollte Justizminister Heiko Maas die digitale Meinungsfreiheit der Deutschen einschränken. Er maßregelte Facebook. Mark Zuckerberg sollte einknicken und den deutschen Zensurwünschen nachkommen: Sofort alles löschen, was nach Hasskommentar aussieht, und die Regeln verschärfen.

Dann wäre Facebook aber ein Potemkinsches Dorf geworden: Eine Scheinwelt, in der nicht sein soll, was nicht sein darf. In der alles Unpassende herausgefiltert wird und eine echte Debatte abstirbt. Der einflussreiche Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen forderte sogar den Facebook-Blockwart. Die Deutschen sollen die Meinung der anderen am besten gleich selbst überwachen.

Wer von der BILD als Hetzer gebrandmarkt wird, verliert seine Grundrechte

Die BILD ist nicht das einzige Leitmedium, das sogenannte Hetzer jagt und sie an den Medien-Pranger stellt. Spiegel TV besuchte bereits Ende August »Hassprediger« und ihre Arbeitgeber – natürlich mit der Kamera. In der Süddeutschen Zeitung legt der selbsternannte Verfassungswächter und Alpha-Journalist Heribert Prantl eifrig Holzscheite auf den großen Scheiterhaufen: »Wenn Facebook mit Volksverhetzung Geschäfte macht, ist Facebook dann auch wie ein Volksverhetzer zu bestrafen?« Und: »Was bedeutet es, wenn Hass und Hetze, wenn giftige Tiraden auf Facebook einfach stehen bleiben, wenn Proteste dagegen nichts helfen, nicht einmal der Protest des Bundesjustizministers? Ist das Volksverhetzung durch Unterlassen der Löschung?«

Das ist aber dann auch die andere Wahrheit: Darf eine Zeitung wie die BILD gegen Menschen zurückhetzen, die sie vorher selbst als Hetzer am Pranger gebrandmarkt hat? Darf man den Opfern ihre Grundrechte nehmen? Nur, weil sie auf Facebook etwas geschrieben haben, was der Justizminister Maas gerne gelöscht sehen will?

Wenn die BILD an der Haustür klingelt

Die BILD ist Springers Spezialistin für öffentliche Hetze, was sie aber gerne als Volkes Meinung verkauft. Jetzt zerrt ausgerechnet die selbsternannte Volks-Zeitung das Volk und seine Meinung an den Pranger. Den 42 Menschen, die jetzt am »Pranger der Schande« stehen, droht jetzt ein Hausbesuch nach Springer-Manier.

Den hat der Mann bereits hinter sich, der einen Spielzeuggalgen bei einer PEGIDA-Demo getragen hatte – und sich damit die Schnellverurteilung am Medien-Pranger einhandelte. Auf dem landete zur Sicherheit gleich die ganze Protestbewegung, also alle Menschen, die dort mitlaufen: »Galgen als Zeichen fortschreitender Radikalisierung.«

Bloßgestellt in der Jogginghose

Besonders weit beim Anprangern ging natürlich wieder einmal die BILD. Sie jagte den »Galgen-Mann« bis zur Haustür und stellte ihn in Jogginghose und T-Shirt bloß. Ganz Deutschland musste erfahren, wie der »Galgen-Mann« heißt, dass er Werkzeughändler ist, wo er wohnt und was die Journalisten sonst noch über ihn ausgruben.

Der größte Skandal ist aber: »DOCH NOCH IMMER HAT IHN DIE POLIZEI NICHT VERNOMMEN!«, empört sich das Boulevard-Blatt in den gewohnt großen Buchstaben.

Die Fotos vom Opfer sind alle in Hüfthöhe aufgenommen. Im Magazin Compact sagt der bloßgestellte »Galgen-Mann« übrigens, dass BILD die Bilder »still und heimlich« machte, obwohl er das verboten hatte. Das aber nur zur Info für die 42 anderen Opfer am BILD-Pranger, die noch vor einem Besuch zittern müssen.

Wer stellt eigentlich die Medien an den Pranger? Sie sich selber?

Viele Kommentare auf Facebook sind bereits seit Jahren eine Geduldsprobe für die Meinungsfreiheit. Bisher hat sie das wunderbar ausgehalten, was man von den Medien in der Glaubwürdigkeitskrise nicht behaupten kann. Warum schießen Deutschlands Leitmedien aber gerade in der Flüchtlingskrise mit Kanonen auf Spatzen – und gerade die Blätter, die selbst eine Belastung für freie Meinung im Land sind?

Weil Sie es können und weil sie die Rückendeckung der Politik haben. Am Ende ist dieses Trauerspiel um die Meinungsmacht im Land aber auch eine Frage der Waffengleichheit. Wer stellt die Medien an den Pranger, weil sie die Menschen in einer hysterischen Überreaktion an den Pranger stellen? Sie sich selber?
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Quelle: Kopp-online vom 20.10.2015

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Benjamin Ehlers
8 Jahre zuvor

Die kompletten Leitmedien sind fest in der Hand der Organisierten Kriminalität/Mafia, sowie das Internet auch.
Einer der größten Einflussnehmer ist der Sachsensumpfverantwortliche Justizerpresser, Wirtschaftsbetrüger, Vergewaltiger, Menschenhändler, Mörder, Internetbetrüger(Fake Facebook-/Google – Betreiber)uvm. Stephan Michalke(Kolping Bankrott, Kindervilla Betrug). Es gibt Nachweise darüber wie dieser die Meinungs und Pressefreiheit z.Bsp. vom MDR mit absolut Rechtswidrigen Mitteln untergräbt und beeinflusst. Sowie er mit seinem Internetimperium, wovon er alle Firmen unter falschen Namen betreibt, mit Raubkopien bis zahlreichen Medienargenturen die Bevölkerung manipuliert, aufhetzt usw.