Austritt oder nicht? – Europa-Politiker Brok: „Brexit war nur beratendes Referendum“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments hält das Brexit-Votum für nicht bindend. Österreichs Finanzminister glaubt an den Verbleib Schottlands und Nordirlands in der EU.

05.07.2016

© DPAElmar Brok, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, sieht in dem Brexit-Votum keine bindende Verpflichtung für die britische Regierung.

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Die Abstimmung in Großbritannien über den Brexit war nach Ansicht des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Elmar Brok (CDU), nur „ein beratendes Referendum“. Es sei für die britische Regierung nicht bindend, sagte der Europa-Politiker der Online-Ausgabe der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag). Großbritannien müsse sich jetzt entscheiden, ob es austreten wolle oder nicht.

„Entweder sie will den Status eines EU-Mitglieds beibehalten, oder sie stellt einen Antrag auf Austritt. Informelle Verhandlungen mit den Briten, bevor sie einen Antrag gestellt haben, wird es nicht geben“, so Brok.

Den Wortführern des Brexits, Nigel Farage und Boris Johnson, warf er Verantwortungslosigkeit vor. „Ob Farage oder Johnson, das sind Zerstörer, von Eitelkeit getrieben“. Diese Leute seien nicht bereit, die Konsequenzen des Referendums mitzutragen und an einer Lösung zu arbeiten. „Sie schaden ihrem Land, um sich selbst zu profilieren“, sagte Brok. Beider Rückzug nach der Entscheidung mache „einmal mehr deutlich, wie fragwürdig die ganze Brexit-Kampagne war“.

Österreichs Finanzminister glaubt nicht an den Brexit

Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling glaubt derweil trotz der Mehrheit bei dem Referendum für den Brexit nicht an den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. „Großbritannien wird auch in Zukunft Mitglied bleiben“, sagte der ÖVP-Politiker dem Handelsblatt (Dienstag). „Auch in fünf Jahren werden es noch 28 Mitgliedsstaaten sein.“ Die Aussagen des Chefs des europäischen Rettungsschirms ESM und auch der britischen Regierungsspitze, vorerst keine Eile mit der Einreichung des Antrags zu haben, ließen darauf schließen.

Laut Schelling könnte ein anderes Modell ein „Teil-Brexit“ sein. „Das heißt, nur England tritt aus der EU aus und Schottland sowie Nordirland bleiben weiterhin EU-Mitglieder“, sagte der Minister. Der konservative Politiker fordert einen grundlegenden Umbau der EU nach dem Prinzip der Subsidiarität. In  Kernfragen wie der Wirtschafts- und Währungsunion, Sicherheit, Migration, Arbeitsmarkt, Wachstum und Klimawandel müsse Europa indes geschlossen Position beziehen. „Das schafft Nutzen und Arbeitsplätze sowie Zuversicht bei den Bürgern. Europa wird im globalisierten Markt nur gemeinsam bestehen können“, so Schelling.

Weber: Brexit-Befürworter schuld

Unterdessen hat der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), den abgetretenen britischen Brexit-Befürwortern die Schuld an der wachsenden EU-Verdrossenheit in ganz Europa vorgeworfen.

„Politiker vom Schlag eines (Nigel) Farage und (Boris) Johnson sind wesentlich verantwortlich für den Vertrauensverlust in die Politik – und nicht Europa“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag).

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.07.2016

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Schmid von Kochel
Schmid von Kochel
7 Jahre zuvor

Wozu denn dann ein Referendum, wenn nicht bindend? Das Volk ist der Souverän, oder habe ich da irgendwas in der Schule verpasst ?

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Die suchen jetzt alle möglichen Hintertürchen um nicht gehen zu müssen.
Hoffentlich finden sie keines.