Flüchtlingskrise: Österreich erwägt Militärmission auf dem Balkan

Aus Amsterdam berichtet Markus Becker

Österreichische Soldaten an der Grenze zu Slowenien: Demnächst auf dem Balkan?

DPA

Österreichische Soldaten an der Grenze zu Slowenien: Demnächst auf dem Balkan?

Die österreichische Regierung will die Balkanroute für Flüchtlinge abriegeln – und dafür notfalls auch das Bundesheer nach Mazedonien oder Serbien schicken.

Geht es um Flüchtlinge, ist Österreichs Außenminister Sebastian Kurz ein Freund markiger Worte. Griechenland müsse seine Grenze zur Türkei endlich besser absichern. „Wenn nicht, werden wir andere Wege finden“, sagte Kurz am Freitag bei einem Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister in Amsterdam. Wie diese Wege aussehen, erklärte Kurz auch: Es gebe eine starke Bereitschaft in Mazedonien und anderen Staaten, „den Zustrom zu reduzieren, zu drosseln oder vielleicht sogar zu stoppen.“

Diese Bereitschaft will Wien offenbar nutzen – und notfalls Soldaten in die Balkanstaaten schicken, um die Grenzen zu sichern und Flüchtlinge zu registrieren. „Wenn Griechenland keine Hilfe annehmen möchte, sind Mazedonien und andere bereit, das zu tun“, sagte Kurz. Als weiteren Staat nannte er Serbien. Insgesamt seien drei Varianten möglich: eine Zusammenarbeit der gesamten EU, eine Koalition besonders betroffener Staaten oder aber bilaterale Vereinbarungen.

„Grenzsicherung ist auch eine Frage der Militärkooperation“

Wie sehr Österreich die Flüchtlingskrise inzwischen als Sicherheitsfrage begreift, wird auch daran deutlich, dass sich nun auch Österreichs neuer Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil in die Debatte einmischt. Auch er brachte am Freitag einen Einsatz des österreichischen Militärs in der Flüchtlingskrise ins Spiel. Es könne zu einer „militärisch-zivil gemischten Mission auf dem Balkan kommen“, sagte Doskozil. „Die Frage der Grenzsicherung und der Hotspots ist auch eine Frage einer Militärkooperation.“

Er verwies darauf, dass das Militär in Österreich bereits bei der Sicherung der südlichen Grenze eingesetzt werde. Auch habe Wien der EU-Grenzschutzagentur Frontex ein Kontingent von 100 Beamten angeboten, von denen die Hälfte aus dem Verteidigungsressort stamme. Die meisten von ihnen seien Soldaten. „Leider Gottes“, sagte Doskozil, seien sie bisher nicht von Frontex abgerufen worden.

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Obwohl nicht Innen-, sondern Verteidigungsminister, ist Doskozil in der Flüchtlingskrise ein Mann vom Fach. Bevor er am 26. Januar Verteidigungsminister wurde, war er Chef der Landespolizeidirektion Burgenland. Der Lkw mit 71 toten Flüchtlingen etwa, der im August 2015 an einer Autobahn gefunden wurde, stand in Doskozils Gebiet.

Wien plant Treffen mit Balkanstaaten

Wie aus Kreisen des Wiener Verteidigungsministeriums verlautete, wird Österreich im März Vertreter von Serbien, Mazedonien, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien treffen, um die Möglichkeiten einer militärischen Mission auszuloten. Das Ergebnis solle dann beim darauffolgenden offiziellen Treffen der EU-Verteidigungsminister besprochen werden. Am Donnerstag habe es in Amsterdam auch ein informelles Treffen zwischen Doskozil und seiner deutschen Amtskollegin Ursula von der Leyen (CDU) gegeben. Über den genauen Inhalt des Gesprächs wurde nichts bekannt.

„Im schlimmsten Fall“, sagte Österreichs Außenminister Kurz, müssten die Flüchtlinge direkt an Österreichs Grenze gestoppt werden. In Athen und den Hauptstädten der Balkanstaaten dürfte das auch als Warnung verstanden werden. Denn der dann zu erwartende Rückstau Hunderttausender Flüchtlinge hat das Potenzial, insbesondere kleine Länder wie Slowenien, Montenegro oder Bosnien-Herzegowina im Nu zu destabilisieren.

Kurz betonte auch, dass die von Österreich ausgerufene Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in diesem Jahr bei 37.500 liege – und dass man allein schon 30.000 Migranten über den Familiennachzug erwarte. Zudem hätten im Januar bereits 7000 Menschen Asylantrag in Österreich gestellt. Die Obergrenze wäre damit erreicht.

Österreich erhöht damit abermals den Druck auf Griechenland. Erst kürzlich hat die EU-Kommission der Athener Regierung bescheinigt, beim Schutz seiner Außengrenzen zu versagen – und droht inzwischen damit, Griechenland vorübergehend aus dem Schengenraum auszuschließen. Denn die Reisefreiheit innerhalb dieses Gebiets – das ist auch die Position der deutschen Regierung – kann nur dann gewährleistet werden, wenn der Schutz der Schengen-Außengrenzen funktioniert.

Zusammengefasst: Österreich will die Balkanroute unbedingt schließen – und erwägt nun, eigene Soldaten in Staaten wie Mazedonien und Serbien zu schicken, um ihnen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu helfen. Der österreichische Verteidigungsminister sagte, es könne zu einer „militärisch-zivil gemischten Mission auf dem Balkan kommen“.

Quelle: Spiegel-online vom 05.02.2016

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Ulrike
Ulrike
8 Jahre zuvor

Österreich scheint auch aufgewacht zu sein. Wollen auch keine Flüchtlingshorden mehr. Gut so. Europa muss sich endlich abschotten. Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt.